Sprachenpuzzle und Wortsalat – Fremde Sprachen in der Story

Einklappen
X
Einklappen
 
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge
  • Niam
    Redakteur
    • 05.09.2023
    • 95

    Sprachenpuzzle und Wortsalat – Fremde Sprachen in der Story

    Als Autor steht man ja immer wieder einmal vor der Situation, dass z.B. in Frauenromanen die Hauptperson auf eine fremdsprachige Figur trifft - in Fantasy-Romanen verschiedene Personengruppen/Gilden in Karawanen, Oasen oder (Grenz)Städten usw. zusammentreffen, die oft aus bunt zusammengeworfenen Rassen zusammengesetzt sind – oder bei SciFi-Geschichten plötzlich alle möglichen Aliens auftauchen.
    Eliche Autoren entwickeln für ihre verschiedenen Völker auch unterschiedliche Sprachen bzw. besondere Worte, Flüche oder Sätze und stecken dazu viel an Recherche, Energie und Arbeit hinein.


    Wie geht ihr mit den „Sprachbarrieren“, wenn unterschiedliche Wesen/Figuren/Völker aufeinandertreffen, um?

    Spricht die Hauptfigur automatisch „deutsch“ und es werden nur ein paar „spezielle“ Begriffe oder Wörter eingeflochten?
    Und was passiert, wenn eure Hauptperson mit Figuren zusammentrifft, die eine völlig andere Sprache sprechen und die sie nicht versteht? (Wird dann der Satz gleich daneben übersetzt?)
    Sofern die HP der fremden Sprache mächtig ist, ist es dann besser, wenn ganze Sätze in der Fremdsprache fallen oder nur bestimmte Worte eingeflochten werden?
    Wenn ja, sollten die dann gleich in Klammer übersetzt oder als Fußnote untergebracht werden?
    Oder werden die Sätze dann in Form eines Gesprächs mit einem Freund, dem Vorgesetzten oder mit Hilfe eines „Translators“ gleich in der Handlung noch einmal in unserer Sprache wiederholt?
    Natürlich ist es sehr hilfreich wenn - entweder im Vorfeld oder im Anhang - die wichtigsten „Fremdwörter“/Sätze von A-Z aufgelistet sind. Entbindet das aber von der Übersetzung an Ort und Stelle?


    Wenn also mehrsprachige Gruppen zusammentreffen – wie viele Fremdwörter/Begriffe braucht es, um das „Gefühl“ an einem besonderen Ort/Basar/einer fremden Welt zu sein wirklich gut „rüberzubringen“, ohne dabei die Leser zu überfordern?
    Wieviel ist eine Bereicherung und wieviel ist zu viel? Und mit welcher Art der Übersetzung fühlt ihr euch am wohlsten?
    Gleich im Text? Fußzeile? Kopfzeile? Ende des Kapitels? Nummeriert und auf ein spezielles Plätzchen im Anhang?


    Was meint ihr ?
  • Aidan
    Moderator
    • 03.09.2023
    • 302

    #2
    Ich gehöre nicht zu den Autoren, die es schaffen, eine komplette Sprache zu basteln. Ab und an habe ich einzelne Worte, die mir einfallen oder mal ein Satz, da versuche ich dann es irgendwie hinzubekommen, dass weitere Sätze dazu passen.

    Aber generell gibt es zum Beispiel im Geheimnis des Kristalls mit den verschiedenen Königreichen eine "Gemeinsprache" und jedes Reich und Volk hat zwar seine eigene Sprache, aber man spricht miteinander höflicherweise in der allgemeinen Sprache. Aber es kommt vor, dass einzelne Wörter fallen, die entweder vom Sprecher übersetzt werden oder als "Name für etwas" bleiben, oder aber es heißt schlicht: er sagte ein paar Sätze in einer fremden Sprache. Mein Gedanke dabei: wenn die PoV-Person die Sprache nicht spricht, wird sie vermutlich auch nicht die Worte auseinander bekommen. Ich könnte keine Worte auseinanderhalten, wenn mich jemand auf russisch anspricht, geschweige denn aufschreiben. Was ich einfließen lasse, dass verschiedene Völker etwas andere Begriffe nutzen, weil sie die Worte direkt aus ihrer Sprache übersetzen. So heißen die Halbelfen mit Lichtelfen Vorfahren "Lichtgeborene" in der Gemeinsprache, aber Marin, der Halbling, sagt manchmal "Sternenmädchen" zu Tara, was die wörtliche Übersetzung des Halblingswortes wäre, und er erklärt es Grigori. Oder aber Halbelfen heißen in der Gemeinsprache "Elfengeborene", aber der Zwerg Grimbart sagt "Menschengeborene" dazu. Solche Kleinigkeiten baue ich gerne mal ein. Und vermutlich wird es in Band 2 ein bisschen Sprachengetüddel geben, wenn eine Karawane aus dem Süden kommt und es Sprachunsicherheiten gibt. Vielleicht wird dann jemand nach einem Wort suchen oder etwas missverstehen oder fragend gucken.

    Als Leser finde ich es wichtig, dass zwar spürbar wird, dass dort Leute mit unterschiedlichen Sprachhintergrund aufeinander treffen, das ganz für mich aber lesbar bleibt und mich nicht komplett rausreißt. Fußnoten, Übersetzungen in Klammern und so weiter, finde ich da störend.

    Kommentar

    • Rhagrim
      Moderator
      • 03.09.2023
      • 473
      • Staring down the Abyss

      #3
      Über das Thema hab ich mir auch lang und breit Gedanken gemacht, da in meiner Geschichte bzw. "Welt" mehrere Sprachen vorkommen. Ich hab alle relevanten soweit ausgearbeitet, dass ich wenigstens einfache Sätze bilden kann und ansonsten darauf geschaut, dass zumindest Wörter (v.a. für Namen von Leuten/Orten/etc) einer bestimmten Sprache eindeutig zugeordnet werden können.

      Ich glaube, in der Geschichte selbst kommt es darauf an, ob man diese aus Perspektive eines allwissenden Erzählers schreibt, der damit auch alle Sprachen kennt und ggf. fürs Verständnis übersetzen könnte, oder aus Perspektive der Charaktere selbst, wodurch man mehr oder minder von deren Sprachkenntnissen abhängig ist.

      Ich schreibe aus der Perspektive der jeweiligen Charaktere und lasse da deren Sprachkenntnisse direkt mit einfließen:
      • Versteht die Figur gar nichts? Dann kann sie vermutlich bestenfalls einzelne Worte aus dem Gesprochenen rausfiltern, die sich oft wiederholen und versteht ansonsten eh nichts. Das finde ich zum Schreiben recht dankbar, da der Leser mitsamt der Figur dann halt einfach nichts versteht und man das deswegen sehr einfach umschreiben kann, im Sinne von "xy sprach irgendetwas, was YZ nicht verstand". Leser und Charakter sind dann einfach darauf angewiesen, dass irgendwer übersetzt oder erklärt, was gesprochen wurde. Besonders spannend wird es dann, wenn der Übersetzer vielleicht Absichten anders interpretiert oder lügt. Meine Hoffnung war da, dass es für den Leser okay ist, nichts zu verstehen, weil die Figur er auch nicht tut, und er damit ihre Ratlosigkeit miterlebt.
      • Versteht die Figur nur ein paar Brocken, also die gängigsten Worte, oder einfachen Sätze? Ab da wird es tricky (für mich), weil ich mir tatsächlich Sätze in der jeweiligen Sprache überlegen muss - da die Figur die Worte ja besser versteht, und dadurch auch versteht, was die Leute sagen, auch wenn sie die Bedeutung mancher Worte vielleicht noch nicht kennt. Wenn man sich allerdings wirklich keine Sprache überlegen will, könnte man das auch hier sicher mit Umschreibungen umgehen.
      • Ab dem Zeitpunkt, wo eine Figur die Sprache beherrscht, würde ich persönlich einfach automatisch "in Deutsch" übersetzen, mit Ausnahme von ihr unbekannten Worten oder Eigennamen. Wenn eine Figur die Sprache eh beherrscht, finde ich persönlich es nur unnötig kompliziert und verwirrend, noch immer die Fremdsprache zu benutzen.

      Nach langem hin und her hab ich mir überlegt, dass es so vielleicht am "realistischsten" und auch am einfachsten für den Leser ist. Ich persönlich mag Fantasy Fremdsprachen gern, sofern sie mich nicht erschlagen und ich die tatsächlich lernen müsste, um die Geschichte zu verstehen. Ich würde meine Sprachen einerseits auch gerne ála Tolkien voll ausarbeiten, aber dafür fehlen mir ehrlich gesagt Talent, Zeit und im Endeffekt auch Lust.
      “No tree can grow to Heaven unless it’s roots reach down to Hell.”
      - C.G. Jung

      Kommentar

      • Yamuri
        Kaffeejunkie
        • 04.09.2023
        • 413

        #4
        Ich habe mehrere Projekte, in denen die Weltensprache gar nicht deutsch ist. Das bedeutet, meine Bücher stellen im Grunde bereits eine Übersetzung dar. In einer Welt sprechen alle in dem Gebiet, in dem meine Geschichte spielt eine sinotibetische Sprache. Das bilde ich ab, indem auch die Figuren so benannt sind. Bisher ist nur eine Figur einmal auf eine andere Figur getroffen, die aus einem anderen Gebiet kam. Da das aber in der Vergangenheit passierte, berichtet die eine Figur nur von diesem Erlebnis.

        In einem anderen Projekt sprechen meine Hauptfiguren fast alle sumerisch und/oder akkadisch. Aber mein Prota, weil er lange bei den Bergvölkern gelebt hat, kann auch die Sprache dieser Völker. Als es zu einer Begegnung kommt, übersetzt er für seine Begleiter. Für die Leser habe ich aber nicht extra gekennzeichnet, dass die Bergvölker eine andere Sprache sprechen. Das wird nur mal im Fließtext gesagt. Denn genau genommen ist ja das gesamte Projekt als Übersetzung zu verstehen.

        Bei meinem hauptprojekt ist es so, dass die allgemeine Sprache spenglisch ist und die Sprache der sog. Schöpfer eine Form von Sumerisch war/ist. In diesem Projekt gibt es eine Technologie, die es den Menschen in der Grenzstadt ermöglicht die Sprache der Neuankömmlinge zu identifizieren. Es ist in dem Projekt geplant, dass ich hier auch ein bisschen darauf eingehe, dass die Neuanömmlinge die Sprache dieser Welt erst mal lernen müssen. Wie ich das handhaben werde, weiß ich noch nicht. Was die Schöpfer anbelangt, da könnte schon sein, dass ich hier und da mal was einfließen lasse, wenn alte Inschriften und Texte gefunden werden. Aber ich glaube was die Neuankömmlinge anbelangt, da werde ich mich nicht so lange damit aufhalten, dass die erstmal die Sprache lernen müssen.​

        Kommentar

        • Araluen
          Moderator
          • 04.09.2023
          • 261

          #5
          Ich gehe eigentlich immer davon aus, dass der Erzähler mir die Geschichte und die direkte Rede der Figuren übersetzt, seien es nun irdische Sprachen oder eben phantastische Sprachen. Wenn die Geschichte also von Elfen handelt, gehe ich auch davon aus, dass diese Elfisch sprechen. In diesem Fall finde ich es dann eher hinderlich, wenn mir ständig Textpassagen auf Elfisch untergejubelt werden. Warum übersetzt der Erzähler alles aber die eine Passage nicht?
          Anders sieht es aus, wenn besagte Elfen plötzlich von Zwergen besucht werden, die Zwergisch sprechen. Da erwarte ich keine direkte Übersetzung durch den Erzähler. Das kann natürlich gemacht werden, vor allem, wenn die Perspektive tragenden Elfen selbst Zwergisch sprechen. Andernfalls bleibt das Zwergische halt erstmal unverständlich.

          Was ich gerne mag in High Fantasy sind Gedichte, Lieder oder Redewengungen, die in fremder Sprache dargestellt werden. Ganze Dialoge in fremder Sprache, nur weil der danebenstehende Perspektivträger gerade kein Zwergisch kann, finde ich müßig. Die lese ich dann auch nicht. Ich verstehe sie ja eh nicht. Aber es nagt das Gefühl etwas wichtiges zu verpassen und das nervt.
          Redewendungen hingegen sind kurz genug, um sie sich zu merken und die Situation lässt einen die Intention meist schnell erraten, sodass man sich die Übersetzung erschließen kann, selbst wenn sie nicht direkt geliefert wird.
          Lieder und Gedichte sind schön für die Athmosphäre. Da erfreue ich mich dann an der Harmonie der Worte. Was sie bedeuten ist da relativ egal.

          Wie gehe ich mit Sprachbarrieren zwischen den Figuren um?
          Wenn man sich gar nicht versteht, würde ich nur umschreiben, wie der andere spricht und klingt. Spreche ich eine Sprache überhaupt nicht, ist es schwer überhaupt ein einzelnes Wort herauszuhöhren. Ansonsten würde ich nur Redewendungen und einzelne Worte einflechten, wenn die Figur sie teilweise versteht und ansonsten tatsächlich auf den direkten Wortlaut verzichten und nur das umreißen, was der Perspektivträger glaubt zu übersetzen.
          Spricht der perspektivträger die Sprache fließend reicht der Vermerk, dass sie von Elfisch auf Zwergisch wechseln.

          Ich sehe fremde Sprachen in Geschichten eher als Athmosphäre Werkzeug und nichts, was man abbilden muss um der Authentizität willen. Dass jemand nichts versteht, kann ich auch klarmachen, ohne den Leser mit endlosen Passagen in einer nicht lesbaren Sprache zu nerven. Aber Auszüge aus einer fremden Sprache machen die Welt im richtigen Moment eingesetzt durchaus lebendiger.
          Anders ist es natürlich, wenn die Sprachbarriere ein tragendes Element eines Handlungsstrangs ist. Ich erinnere mich da an die Anfänge von Stargate SG1, wo es noch wichtig war Dr Daniel Jackson mitzunehmen, eben weil er antike und vorantike Sprachen studiert hatte. Später haben sie das stark verreinfacht bzw. gar nicht mehr thematisiert. Die einzigen Fremdworte waren die typischen Befehle der Jaffa. Alles andere wurde wegrationalisiert. Allerdings gab es auch eine Folge, wo das essenziell war. Daniel wurde von einem Unas entführt und lernte im Verlauf der Folge mit diesem zu kommunizieren und so sein Vertrauen zu gewinnen (was dann in späteren Folgen nochmal aufgegriffen wurde und wichtig war). Und ja in so einem Fall lese ich auch gerne längere Sätze in fremder Sprache, weil es ja eben darum geht als tragender Konflikt, dass der Protagonist diese Sprache lernt.

          Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich wohl nie eine Sprache entwickeln werde von einzelnen Fragmenten vielleicht abgesehen. Das wäre mir zu viel Aufwand für viel zu wenig Nutzen.

          Kommentar

          Lädt...